Notre Dame School Gumla – eine multireligiöse Schule in Indien

Gleichzeitig mit Schwester Mukti (Link zu ihren Projektenlernten wir die besondere Art und Weise der Notre Dame Sisters kennen, die verschiedenen Religionen und Gesellschaftsschichten in Indien zusammen zu bringen und damit gleichzeitig Projekte für die Ärmsten zu finanzieren.

In den Basisstationen dieses indischen Schwesternordens auf dem Land erhalten die armen Kinder Grundschulunterricht auf Hindi. Darüber hinaus sollen sie aber dieselben Bildungsmöglichkeiten erhalten wie die Kinder aus höheren Schichten. Deshalb haben die Schwestern in den Städten weiterführende Schulen, die den Anspruch haben, die besten zu sein. Diese Schulen müssen finanziert werden, deshalb müssen sie für die Kinder der Wohlhabenden attraktiv sein. Die Schule in Patna hat einen hervorragenden Ruf. Die wohlhabenden Familien schicken ihre Kinder und zahlen Schulgeld. Der Anteil an Kindern aus armen und ärmsten Familien ist aber hoch. Diese Kinder erhalten Nachlässe und teilweise – je nach Leistungsfähigkeit und Begabung – Stipendien. Auf diese Weise erhalten sie eine Schulbildung, die sie in Schulen mit traditionellen Entwicklungskonzepten – Dorfschulen und Unterricht auf Hindi – niemals bekommen würden. Die Schwestern kooperieren mit von Jesuiten geführten Colleges, auf denen die Schüler, nachdem sie mit dem A-Level abgeschlossen haben, studieren können. 

Aber es geht nicht nur um die Bildungsinhalte. Arm und Reich sitzt nebeneinander auf der Schulbank, Christen, Muslime, Sikhs und Hindus sind in denselben Klassen und erhalten denselben Unterricht. In einem Land extremer sozialer Gegensätze und militanter Religionskonflikte bedeutet dies aktive Friedensarbeit. Verständnis für den anderen und Toleranz werden nicht nur intellektuell vermittelt, sondern erlebt und zwanglos eingeübt. 

Die Schule ist keine Missionsschule, es gibt keinen Religionsunterricht. Dies bedeutet nicht, dass Religion keine Rolle spielt. Im Gegenteil, der Schulalltag ist von Religion durchtränkt. Der Schultag beginnt morgens mit einem Gebet für alle. An den Wänden hängen Bilder der Jungfrau Maria, aber auch von Gandhi, berühmten Gurus und Yogis. Lotusblüten und andere spirituelle Symbole sind überall zu sehen.

1998 beginnen die Schwestern auf Bitte des örtlichen Bischofs mit dem Aufbau einer ebensolchen Schule in Gumla im Bundesstaat Bihar, wo viele Adivasi leben. Adivasi sind keine Hindus, sondern Anhänger einer Naturreligion. 10 Millionen Adivasi leben in städtischen Slums, davon 90 % unter der Armutsgrenze und sehr viele sind Analphabeten.

Es ist die erste rein englischsprachige Schule in Gumla, sie ist von Anfang an offen für alle Religionen und Schichten. Ein wichtiges Ziel der Schule ist die Förderung der Adivasi, aber gerade deshalb darf es keine Schule nur für Adivasi sein. Wie bereits in Patna, setzen die Schwestern auch in Gumla darauf, dass den Adivasi am besten geholfen wird, wenn sie in eine Schule mit sozialer und religiöser Durchmischung integriert werden. Da der indische Staat die Schule nicht unterstützt, wird das Schulgeld wohlhabender Hindu-Familien gebraucht. Die Schule beginnt mit der Vorschule (nursery) und endet mit dem Abschluss der Klasse 12 (A-Level). Sie eröffnet im Jahr 1998 mit etwa 100 Schülern, überschreitet im Jahr 2005 die Zahl von 1.000 Schülern und im Jahr 2013 die Zahl von 2.000 Schülern. Heute sind etwa 2.200 Schüler eingeschrieben. Die Zahl der Adivasi betrug im Jahr 2014 ca. 1.440, also gut 2/3 der Schülerschaft. Dies ist weit mehr als der Bevölkerungsanteil der Adivasi in Jharkhand (27%). Im selben Jahr waren 664 der Schüler Christen, 930 Hindus, 147 Muslime und 13 Sikhs. Die restlichen 300 Schüler dürften der Adivasi-Religion zuzuordnen sein. Auch die Lehrer gehören verschiedenen Religionen an, sind aber überwiegend Hindus. Im Morgenappell kommen Gott, die Schöpfung und die Gemeinschaft vor, nicht aber Jesus, die Jungfrau oder der Heilige Geist. In der Hymne wird die Gemeinschaft in der Schule und die Ausrichtung auf eine bessere Zukunft für alle beschworen. Großes Gewicht wird auf die Pflege traditioneller Musik und Tänze gelegt. Die Schüler bekommen keinen Religionsunterricht, aber es ist klar, dass die Schule von Christinnen geführt und getragen wird. Der Religionsunterricht der christlichen Schüler findet am Wochenende statt, der Gottesdienst auf Hindi. 
Da die Familien in den Unterschichten meist kein Englisch können, bieten die Schwestern Unterricht in Hindi an. Auf dem Stundenplan steht auch Englisch. Ziel ist, diesen Kindern zumindest eine Basisausbildung zu vermitteln, und den Begabteren unter ihnen den Wechsel in die englischsprachige Schule zu ermöglichen. Dieser Unterricht wird, anders als die englischsprachige Regelschule der Schwestern, vom Staat bezahlt.

Unterstützt wird von der Aktion Arme Welt Stiftung aktuell ein Neubauprojekt – eine Mehrzweckhalle mit zusätzlichen Klassenzimmern und Elternsprechräumen. Dafür konnten wir auch Sonderspenden der Stifter und Dritter gewinnen. Mittlerweile ist das Gebäude fertig, die Einweihung steht kurz bevor. 

Das grundlegende Ziel der Notre Dame Schule ist die Bildung des Charakters und der Persönlichkeit der Schüler. Dieses eigenständige und sehr überzeugende Modell, das die örtlichen Traditionen, Religionen und Kulturen respektiert und gerade deshalb erfolgreich ist, verdient weiterhin unsere Unterstützung.

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